Grundsätzlich können Beweise, die von Privatpersonen erhoben werden, in einem Strafverfahren nicht verwendet werden, da die Beweisaufnahme Sache der Strafverfolgungsbehörden darstellt. Sind privat erhobene Beweise jedoch gleichzeitig öffentlich zugänglich, beispielsweise über die sozialen Medien, sind sie grundsätzlich rechtmässig.
Gegen B. und A. wurden Strafuntersuchungen eröffnet, weil auf einem sozialen Netzwerk ein von A. veröffentlichtes Video gefunden wurde, das einen Tachometer während einer Beschleunigungsfahrt bis zu einer Geschwindigkeit von 198 km/h zeigte.
Streitig war im vorliegenden Fall (6B_68/2023 vom 9. Oktober 2023 – verlinkt) die Zulässigkeit des von A. veröffentlichten Videos als Beweismittel.
Beweismittel gelten grundsätzlich als rechtswidrig erlangt, wenn sie von Privatpersonen erhoben wurden. Liegt ein rechtswidrig erlangter Beweis vor, muss der Richter prüfen, ob dieser dennoch verwertet werden darf. Letzteres ist unter anderem dann der Fall, wenn der Beweis von den Strafbehörden auch rechtmässig hätte erlangt werden können.
Eine heimliche Aufnahme durch Privatpersonen ist grundsätzlich nicht rechtmässig. Die Vorinstanz erwog dabei, es sei für B. erkennbar gewesen, dass A. ihn während seiner Raser-Fahrt gefilmt hatte. Folglich sei die Aufnahme nicht heimlich erfolgt. Jedoch wurde das Video ohne das Wissen von B. in den sozialen Medien veröffentlicht, weshalb davon ausgegangen werden müsse, dass es sich um ein rechtswidrig erlangtes Beweismittel handle.
Rechtswidrig erlangte Beweise können in Anwendung von Art. 141 Abs. 2 StPO dennoch verwertet werden, wenn die Beweise auch von den Strafbehörden selber hätte erhoben werden können und sie «zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich» sind.
Dies verneinte die Vorinstanz mit der Begründung, eine Nachfahrmessung wäre hier aufgrund der schnellen aber kurz andauernden Beschleunigung nicht möglich gewesen. Auch das Vorliegen einer schweren Straftat wird verneint, da die Raser-Fahrt sich auf einer geraden, übersichtlichen Strecke und ausserhalb von Wohngebieten abgespielt hatte. Es herrschten trockene Strassenverhältnisse und die Geschwindigkeitsüberschreitung, die zur Erfüllung des Raser-Tatbestands beitrage, sei nur von sehr kurzer Dauer gewesen. Somit sprach die Vorinstanz A. und B. von den Vorwürfen frei.
Das Bundesgericht widersprach der Vorinstanz in diesem Punkt und hielt fest, es handle sich bei der qualifiziert groben Verletzung der Verkehrsregeln nach Art. 90 Abs. 3 und 4 SVG sehr wohl um eine schwere Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO. An der Schwere der Straftat würden die guten Strassenbedingungen nichts ändern.
Ausserdem wäre es einer zufällig anwesenden Polizeipatrouille auch möglich und erlaubt gewesen, die Geschwindigkeitsübertretung aufzuzeichnen, da sie sich im öffentlichen Raum abgespielt hatte. Demnach wäre auch die Messung der Geschwindigkeitsübertretung möglich und erlaubt gewesen.
Folglich gelangt das Bundesgericht zum Schluss, das Video sei zulasten von B. verwertbar. Mit Bezug auf A. würde sich diese Frage gar nicht stellen, da er das Video selber aufgezeichnet und schliesslich auf seinem Profil veröffentlicht hat.
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